I Erster Teil
» … und die Kinder werden sich emp ö ren wider die Eltern und ihnen zum Tode helfen. «
Matth ä us 10,21
Als sich der r ö mische Papst Pius II. mit der Absicht trug, die Osmanen aus Byzanz zu vertreiben, vielmehr, als er noch einmal erfolglos versuchte, das einzig mit Jagden, Gelagen und Turnieren befasste Europa wachzur ü tteln und ihm begreiflich zu machen, wie schwer bezwingbar schon bald der frisch geschl ü pfte, vorerst noch kindlich kleine Drache sein w ü rde, wie viel Sorgen und N ö te er ü ber sie br ä chte, er, der urpl ö tzlich aus Asiens geheimnisvollen, unabsehbaren Weiten Hervorgekommene, der nun schon einen Bissen von Europa gekostet hatte und sich gen ü sslich die blutigen Lippen leckte – da machte sich der Papst zun ä chst, ganz klar, einen Plan, wie er vorgehen wollte, und als Erstes schickte er seinen Gesandten, einen gewissen Ludovico da Bologna, nach Georgien aus, denn unter den christlichen Staaten des Orients setzte er seine Hoffnungen vor allem auf den politischen und milit ä rischen Beistand dieses Landes. Jedoch, dieser Papst scheiterte ebenso wie seine Vorg ä nger Nikolaus V. und Kalixt III., weder konnte er den christlichen Staaten des Westens Bange machen noch die christlichen L ä nder im Osten f ü r sich gewinnen, ja, viel schlimmer – Ludovico da Bologna fand Georgien nicht einmal mehr an seinem Platz vor, will sagen, jenes f ü r seinen ritterlichen Edelmut und seine kriegerische Tapferkeit ger ü hmte Land, dessentwegen er die reichlich weite und (da der Bosporus bereits in osmanischer Hand war) nicht ganz ungef ä hrliche Reise unternommen hatte. Georgien existierte faktisch nicht mehr, wie aber h ä tte man in Rom ahnen sollen, dass zweihundert Jahre Mongolenherrschaft das stolze, ruhmvolle, ü ber reichlich Krieger und t ü chtiges Volk verf ü gende Land vollends in den Ruin treiben w ü rden? Zwar hatte Alexander I., genannt der Gro ß e, anfangs noch versucht, seinem Land Ruhm und Einfluss zur ü ckzugewinnen, er schlug die vom Aasgeruch angelockten Nachbarn in die Flucht und lie ß entlang den Grenzen Wachtt ü rme und Festungen errichten, jedoch gelang es ihm nicht, sich gegen seine w ä hrend der langen Knechtschaft verderbte und verwilderte Verwandtschaft durchzusetzen – gegen Frau und S ö hne, Br ü der und Neffen, die alle zugleich mit ihm auf dem Thron zu sitzen und mit ihm zugleich jedes Schriftst ü ck zu unterzeichnen sich dr ä ngten … So lie ß sich der Gro ß e Alexander denn zum M ö nch scheren, er entsagte dem irdischen Leben, errichtete neben der Kathedrale von Swetizchoweli eine Einsiedlerkapelle und, als M ö nch nunmehr den Namen Athanasius tragend, warf er noch dann und wann von hier aus einen Blick auf sein in Wirren verfangenes, sich z ü gellos geb ä rdendes Land und konnte sie alle leicht entbehren – Frau und S ö hne, Schwiegert ö chter und Schwiegers ö hne. Er musste wohl sp ü ren, welche unverwertbare, furchtbare Schuld vor Gott und seinem Land auf ihm lastete, weil er die K ö pfe seiner N ä chsten nicht hatte rollen lassen, und schien darum bereit, diese Schuld mit jeglichen Qualen und Martern zu b ü ß en, zu seinem Gl ü ck aber segnete er schon bald das Zeitliche, und als Ludovico da Bologna Georgien erreichte, waren Alexanders Nachkommen bereits restlos miteinander verfeindet, und ungeniert, nahezu voll Erg ö tzen rissen sie ihr Heimatland in St ü cke, machten sich dar ü ber her wie Geier