Erster Teil: Aietes D ies ist eine Geschichte aus Zeiten, da Wani noch eine Stadt am Meer war, da der erste Grieche den Boden von Kolchis betrat und scheu um Asyl bat. Am selben Tage erk ü hnte sich auch das Meer und tat, nachdem es lange gez ö gert hatte, einen ersten Schritt zur ü ck. Die Hauptsache war der erste Schritt, alles Weitere w ü rde von selbst geschehen, denn wer wollte dem Meer Einhalt gebieten? Sogar wenn sich alle Waner, gro ß und klein, dem Meer an die Sch ö ß e geklammert h ä tten, es w ä re ihnen doch entwichen, denn keine Macht h ä tte dem Vorhaben der Natur mehr zu widerstehen vermocht. Fr ü her oder sp ä ter hatte es so kommen m ü ssen, dass sich das Meer erk ü hnte und daran ging, seine wahrhaft heimt ü ckische
Absicht auszuf ü hren.
Die Waner waren so sehr erschreckt und verwirrt, dass sie gar nicht versuchten, das Verlorene zur ü ckzugewinnen. Nach ih-Drem festen Glauben, der sich mit der Zeit noch vertiefte, lie ß das Meer sie irgendeiner schweren S ü nde wegen im Stich, jawohl, es lie ß sie im Stich wie ein Ern ä hrer die Familie, wie ein Mann seine Ehefrau, deren Leichtfertigkeit und Flatterhaftigkeit nicht mehr ab- zuhelfen war. So entschloss sich der Mann denn fortzugehen, bis zu seinem Weggang aber verhielt er sich so behutsam und geduldig, dass schwerlich jemand seine Absicht h ä tte erahnen k ö nnen, und als alles offenbar wurde, war er l ä ngst auf und davon.
Der vom Meer im Stich gelassene Streifen Erde, feucht und knittrig wie die Haut eines Neugeborenen, wurde allm ä hlich breiter und s ä umte die gesamte K ü ste mit einem Trauerrand. Danach bildete sich zwischen Wani und dem Meer ein m ä chtiger Sumpf, der gr ü n, blasig und schleimig war wie der Auswurf eines Drachen. Die einstmals ber ü hmte, aller Welt bekannte Stadt wurde zu einem abgeschiedenen, unerreichbaren, ö den Ort. Vorbei die Zeit, da aus den Fenstern aller Waner H ä user das Meer zu sehen, in allen Waner H ä usern sein angespanntes, unentwegtes Schnaufen zu h ö ren war und es keinem Waner in den Sinn gekommen w ä re, das Fenster zu ö ffnen, nur um aufs Meer zu schauen, oder, in schlafloser Nacht sich im Bett hochrichtend, nach dem Meer zu lauschen. Das Meer war f ü r die Waner immer dagewesen.
Welche Frau glaubt, der Mann k ö nne sie verlassen? Auch die Stadt Wani hatte nicht geahnt, dass das Meer sie im Stich lie ß e. Mit ihren blutrot leuchtenden Ziegeld ä chern stand sie auftrumpfend vor dem Meer wie eine sch ö ne Maid vor einem liebesverwirrten Goliath.
Die Waner gingen gern zum Hafen, um mit den Fremden ins Gespr ä ch zu kommen, zu schwatzen und Neues aus dem Weltgeschehen zu erfahren. Sie nahmen an allem Anteil, wussten ü ber alles Bescheid, wo welches Schiff lag, was es hergebracht hatte, was f ü r eine Ladung es mitn ä hme, ob es bald ablegte oder eben erst gekommen war. Vom Hafen aus erschien einem die Welt weiter, interessanter. Wani selbst war ein Bestandteil dieser weiten und interessanten Welt, und mit Freuden strebten die gro ß en Schiffe zu diesem Ort. Jedem, der hier einmal verweilt hatte, blieb der Aufenthalt als ein ungew ö hnlicher, schwindelerregender Traum im Ged ä chtnis.
Wer den Weinh ä ndler Bacha in seinem Keller mit den vier- zig Stufen nicht besucht